Liebe Genossinnen und Genossen des Parteivorstands!
Die letzten Monate seit der Bundestagswahl und besonders die Wochen nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen und unserem Eintreten in Sondierungs- und dann Koalitionsgespräche haben die Partei auf allen Ebenen in starke Unruhe versetzt. Vermutlich ist sich jeder in der Partei der Tragweite der derzeitigen Unruhe und Erschütterungen bewusst. Allerdings gehen wir unterschiedlich damit um.
Ein Zeichen für den differenzierten Umgang mit diesen die Partei aufwühlenden Tatsachen ist die Diskussion eine neue / einen neuen Bundesvorsitzende(n) unserer Partei. Ihr habt als Parteivorstand Andrea Nahles für diese Position einstimmig nominiert. Wie auch immer die Diskussion im PV verlaufen ist und was auch immer die Einstimmigkeit hergestellt hat – Ihr könnt Euch hoffentlich denken, dass weite Teile der Partei das nach all den Debatten auch um die Person von Andrea nur schwer nachvollziehen können.
An der Art und Weise, wie wir als Partei zu einer neuen / einem neuen Vorsitzende(n) kommen, wird sich in den nächsten Wochen dahingehend erweisen, ob das Versprechen von der Erneuerung der SPD mehr ist als nur eine Worthülse.
Die in vielen Teilen der Bevölkerung verlorengegangene Glaubwürdigkeit unserer Partei sowie die offensichtlichen Vertrauensdefizite zwischen den unterschiedlichen Personen, Strömungen und Funktionsebenen innerhalb der SPD wird im Prozess der Wahl der/des Vorsitzenden auf eine ernste Bewährungsprobe gestellt.
Aber wir sollten in der Lage sein – und wir sind es sicherlich auch, sowohl Glaubwürdigkeit als auch die nach vorn schauende Bündelung unserer Kräfte wieder zu erlangen.
Dafür brauchen wir eine offene und breite Diskussion um die geeignete Person für den Vorsitz.
Und es muss klarwerden: ein Weiter so wie bisher kann es auch an dieser Stelle nicht geben.
Wir fordern Euch daher auf, die organisatorischen Schritte zu einer Mitgliederbefragung über die zu nominierende Person der/des Bundesvorsitzenden einzuleiten.
Dieser Schritt würde die Kluft zwischen den Ebenen sicherlich noch nicht schließen, wäre aber ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem Wiedererstarken der Sozialdemokratie in Deutschland.
Und es würde dem Versprechen von der Erneuerung der SPD eine relevante Konkretion geben und zeigen, dass wirklich verstanden ist, dass verlorene Glaubwürdigkeit und verlorenes Vertrauen nur über Beteiligung und gelingende Kommunikation und Erfahrungen wiederhergestellt werden können.
In Abwandlung von „Völker hört die Signale“ rufen wir Euch zu: Parteivorstand, hör die Signale.
Es geht um nichts weniger als um den Fortbestand und die Wiedererstarkung der SPD. Dafür brauchen wir alle Mitglieder der Partei, auch und gerade bei der Frage, wer uns durch die unruhigen Zeiten gut hindurch manövriert.
Genossen wie Kevin Kühnert und andere sollten auch im Parteivorstand vertreten sein. Mit ihrem kritischen Blick sind sie nötig, weil sie auf Schieflagen im Bestehenden hinweisen, aber zugleich tief mit der Partei verbunden sind. Erneuerung geht nur, wenn auch neue Gedanken und Ideen in die zukünftige Strategie eingebunden werden.
Glück auf!
Der SPD-Kreisvorstand Stendal, Sachsen-Anhalt
Juliane Kleemann
Vorsitzende